Paradiesische Zeiten – aber wie lange noch?
Über die letzten Jahre profitierten Familienunternehmen von ausgezeichneten Rahmenbedingungen für Finanzierungen. Diese waren von rückläufigen Zinsen und eine expansive Liquiditätsversorgung durch die Notenbanken geprägt
Hinzu kam noch, dass nationale wie internationale Kapitalgeber den deutschen Mittelstand immer stärker als Investitionsziel in den Fokus rückten, was zu einem harten Wettbewerb und einem deutlichen Preis- und Margenrückgang führte.
Die Kapitalmärkte waren von anhaltend steigenden Aktienkursen bei gleichzeitig außergewöhnlich geringen Schwankungen gekennzeichnet. Auch von den Währungsmärkten gingen scheinbar wenige Gefahren aus. Dies alles führte dazu, dass ein stringentes Finanzrisikomanagement mit Blick auf Liquidität, Zinsen und Währungen für zahlreiche Familienunternehmen wenig priorisiert wurde.
Mittlerweile haben jedoch die ständigen potenziellen Krisen und ein geändertes politisches Umfeld zu ersten überraschend negativen Entwicklungen geführt: das Risiko kehrt ins Bewusstsein zurück!
Die Risiken für einen Marktumschwung nehmen zu
Am Währungsmarkt hat die türkische Lira seit Jahresanfang bis zu 40% an Wert verloren. Für Unternehmen mit Beteiligungen in der Türkei hat das inzwischen zu signifikantem Wertberichtigungsbedarf für ihr Vermögen geführt. Im Zuge der Aufwertung des US-Dollar und den spürbar steigenden US-Zinsen kamen bereits viele weitere Währungen aus den Schwellenländern unter Druck. Dies betrifft vor allem die international stark vernetzten Familienunternehmen.
Hinzu kommt, dass der globale Schuldenberg seit dem Ausbruch der Finanzkrise auf neue Höchststände angeschwollen ist. So ist das Verhältnis der Nettoverschuldung zum operativen Ergebnis bei den größten Unternehmen in den USA aktuell auf einem Rekordstand, der in dieser Höhe selbst vor Ausbruch der Finanzkrise nicht erreicht wurde. Nur in einem Umfeld von anhaltend niedrigen Zinsen und konstantem Wachstum mag dies – isoliert betrachtet - ein überschaubares Problem sein.
Durch ein verändertes politisches Umfeld geprägt durch Handelsstreitigkeiten, Protektionismus und Brexitverhandlungen sowie die seit längerer Zeit steigenden Zinsen werden die zentralen Antriebskräfte des beinahe 10-jährigen Aufschwungs in Frage gestellt: Freihandel und billiges Geld. Und mit wieder anziehenden Inflationsraten sowie der Ressourcenknappheit an den Arbeitsmärkten kommen weitere belastende Faktoren hinzu.
Welcher Faktor zu einem Abbremsen oder gar Kippen des Aufschwungs und dem freundlichen Kapitalmarktumfeld führen wird, kann im Vorfeld nur gemutmaßt werden.
Was ist nun tun?
Erfolgreiche Familienunternehmen legen das Augenmerk jetzt auf verstärktes Risikomanagement. Simuliert und getestet werden sollten hier auch gerade Ereignisse, deren Eintritt aktuell wenig wahrscheinlich erscheinen, aber einen spürbaren Effekt auf das Unternehmen haben könnten. Dazu gehört die Simulation von Währungs- und Zinsschwankungen, Rohstoffpreisen, Umsätzen, der Kapitaldienstfähigkeit und vor allem von „Financial Covenants“. Generell gilt, dass existenziell bedrohliche Risiken konsequent abgesichert werden sollten.
Weiterhin sollte die Verfügbarkeit von Liquidität – im aktuell noch günstigen Umfeld – langfristig gesichert werden. Hierbei sollte einerseits die „Durchfinanzierung“ des Unternehmens und eine angemessene Liquiditätsreserve im Planungshorizont gesichert sein. Andererseits sollte auf Vertragsgestaltungen geachtet werden, die Sicherheit auch für stürmischere Zeiten gewährleisten. Im derzeitigen Umfeld lassen sich entsprechende Gestaltungen der Finanzierungstruktur noch sehr gut umsetzen; diese Chance zu verpassen könnte sich in der nicht allzu fernen Zukunft jedoch als schmerzhaft erweisen.